PNP-Artikel vom: 17.03.2010

FW-Chef Aiwanger: "Wir werden der ewige Nerver sein"

Im PNP-Redaktionsgespräch kündigt der Parteivorsitzende der Freien Wähler harten Kurs gegen CSU an - schließt künftige Koalition aber nicht aus

 

"Horst Seehofer lebt sicherer in einer Koalitionsregierung", stichelt FW-Chef Hubert Aiwanger
(Foto: Fritz Bircheneder)

Passau. Der Parteivorsitzende der Freien Wähler Bayern, Hubert Aiwanger, erklärt im Redaktionsgespräch mit der PNP, wie er zum "Energiespeicher Riedl" steht, warum er den Donauausbau ablehnt und was er von der FDP hält.

Ein nicht ganz unumstrittenes neues Gutachten zum Donauausbau ist derzeit in Brüssel in Arbeit und soll den Weg für das weitere Vorgehen weisen. Wie ernst werden die Freien Wähler dieses Gutachten nehmen?

Aiwanger: Grundsätzlich nehme ich Gutachten nicht mehr besonders ernst. Man sieht ja, wie viel hier hinter den Kulissen an Einfluss genommen wird. Die Freien Wähler sehen den Donauausbau kritisch. Maximal wäre meinetwegen ein sanfter Ausbau vertretbar, aber kein Ausbau mit Staustufen. Vom Donauausbau verspreche ich mir nicht viel. Das wird viel Geld kosten, aber der wirtschaftliche Nutzen hält sich in Grenzen. Die paar Zentimeter zusätzliche Kielhöhe und die paar zusätzlichen Schifffahrtstage würden sicher keine große Wirkung entfalten. Jetzt bin ich nicht der Obergrüne, aber man darf natürlich nicht ausblenden, was in punkto Umweltschutz angerichtet würde.

Wie stehen Sie zu dem Projekt "Energiespeicher" - dem geplanten Speichersee in Riedl im Landkreis Passau?

Aiwanger: Wenn man weg will von der Atomenergie, dann muss man für solche Projekte aufgeschlossen sein. Natürlich gilt es trotzdem, die Interessen der Anlieger zu berücksichtigen. Energiespeicher sind sinnvoll um erneuerbare Energie speichern zu können. Deswegen begrüßen die Freien Wähler im Allgemeinen solche Vorhaben.

Ministerpräsident Horst Seehofer setzt sich dafür ein, die beschlossene Kürzung der Solarförderung teilweise rückgängig zu machen. Die Freien Wähler haben ihm daraufhin einen "unberechenbaren Schlingerkurs" vorgeworfen. Was ist Ihr Rezept?

Aiwanger: Unser Rezept heißt: Bis Ende 2010 die jetzige Solarförderung unangetastet lassen, um Planungssicherheit zu gewährleisten. Ab 2011 sollten maßvolle Rückführungen erfolgen. Die jetzige Kürzung ist ein Schlag ins Knie der Investoren. Und was von der Staatsregierung kommt, ist ein einziges Hickhack. Dort herrscht völlige Verwirrung und das bei einer so wichtigen Technologie, wo Bayern Marktführer ist.

Sie haben jüngst gewarnt, die FDP sei "ein Risiko für den ländlichen Raum". Erstens: Was sind Ihre Strategien für den ländlichen Raum? Und zweitens: Besteht die Aussicht, dass die Freien Wähler einmal den jetzigen Platz der FDP in der Staatsregierung einnehmen?

Aiwanger: Die FDP war bisher nur in den Konzernzentralen der Metropolen zu Hause. Das flache Land hat die FDP nie interessiert, Kommunen kommen im Denken der FDP nicht vor. Wir Freie Wähler wollen den Erhalt der kleinen Schulen, den Erhalt der kommunalen Krankenhäuser und der kleinen Strukturen. Ländlicher Raum, Landwirtschaft, Bildung, Mittelstand, erneuerbare Energien, nein zur grünen Gentechnik, die Interessen der kleinen Leute, nicht Lobbyismus für die Großkonzerne - das sind unsere zentralen Themen. Zur zweiten Frage: Ich glaube, dass es einem Horst Seehofer zumindest nicht unangenehm wäre, wenn die Freien Wähler die FDP beerbten. Viele in der CSU merken jetzt, dass sie mit der FDP als Koalitionspartner nicht gut beraten waren. Wir machen erst einmal harte Opposition. Es geht jetzt nicht darum, das Koalitionsbett zu bereiten, sondern es geht darum, die Themen zu benennen, wo die CSU schläft. Wir werden der ewige Nerver sein, der ständig in den Wunden bohrt und sagt, was besser werden muss in Bayern. Wir wollen die CSU auf Trab bringen.

Wenn die CSU wieder 50 Prozent plus X erreicht, wird das kaum funktionieren . . . 

Aiwanger: Ich glaube, dass der Großteil der Wähler keine absolute Mehrheit mehr will und dass dieser Trend sich bei Landtagswahlen noch verstärken wird. Der Wähler ist aus der Erfahrung klug - siehe Thema Landesbank. Und selbst Horst Seehofer sieht: Er lebt sicherer, wenn eine Koalition den Ministerpräsidenten bestimmen muss und nicht drei Leute im Partei-Hinterzimmer.

Themenwechsel: Welches Ergebnis erwarten sie vom BayernLB-Untersuchungsausschuss?

Aiwanger: Franz Josef Strauß hat mal gesagt, wenn ein Thema im Untersuchungssausschuss angekommen ist, ist es politisch tot. Das ist jetzt durch die Koalition mit der FDP vielleicht nicht mehr ganz so, aber trotzdem: Unterm Strich wird wohl nicht viel rauskommen außer dem peinlichen Gefühl, dass hier in größenwahnsinniger Absicht und mit betrügerischen Elementen durchmengt der Staat ruiniert worden ist. Der tatsächliche Schaden ist noch gar nicht absehbar. Bisher geht es um die 10 Milliarden, die der Freistaat hingeblättert hat, damit die BayernLB nicht Pleite geht, dann die 3,75 Milliarden für die Hypo Group Alpe Adria. Aber es kommen noch US-Schrottpapiere mit einem Kaufwert rund 20 Milliarden Euro hinzu. Es geht hier um Rechte auf Schulden, aber die Leute sind nicht mehr greifbar, das Eigentum ist nicht mehr greifbar. Man hat hier im Prinzip einen toten Hund im Sack, den man verkaufen will. Aber sie sind momentan völlig unverkäuflich. Die meisten Experten sagen, darauf wird die BayernLB wohl sitzen bleiben. Das kann uns noch 20 Milliarden Euro zusätzlich kosten. Dann brennt die Kiste in Bayern.