PNP-Artikel vom: 26.02.2009
Pauli will Freie Wähler nach Europa bringen
Ehemalige CSU-Rebellin erklärte sich in Deggendorf zur Spitzenkandidatur für die Europawahl bereit
Von 700 Anhängern gefeiert (v.l.): Gabriele Pauli, Hubert Aiwanger und Reinhard Leuschner (stv. Niederbayernchef der Freien Wähler). |
Von Alois Schießl
Deggendorf. "Gabi, Gabi"-Rufe anstelle von Pfiffen, stehende
Ovationen statt unverhohlener Abneigung - die Ex-CSU-Rebellin Gabriele Pauli
erlebte gestern in der vollbesetzten Stadthalle in Deggendorf als nunmehrige
Landtagsabgeordnete der Freien Wähler (FW) einen ganz anderen Aschermittwoch
als noch vor zwei Jahren als Fürther Landrätin bei der CSU-Kundgebung in
Passau.
Und Pauli, im dunkelblauen Dirndl und auf hochhackigen Pumps, genoss dies
sichtlich. Auch, dass die 700 Anhänger der aus kommunalen Wurzeln
hervorgegangenen und erstmals im Bayerischen Landtag vertretenen Partei ihre
nervös und teilweise auch holprig vorgetragene Rede immer wieder mit Gabi- und
Bravo-Rufen und viel Applaus bedachten. Dieser schwoll auf Orkanstärke an, als
Pauli rief: "Ich habe mir das für den heutigen Tag aufgehoben: Ich sage Ja
und will Europa-Spitzenkandidatin der Freien Wähler werden." Sie zeigte
sich zuversichtlich, dass ihre Partei bei der Europawahl im Juni auf
"deutlich über fünf Prozent" kommen wird. "Wir werden eine sehr
große Bürgerbewegung werden", sagte sie. Bürgernahe Politik sei nicht an
Bayern gebunden. Möglich wäre, dass die Freien Wähler auch zur Bundestagswahl
antreten.
Scharf kritisierte Pauli die anderen Parteien. Es kämen nur "die
Geschliffenen" nach oben, die sich verkauften und ihr "Ich"
aufgäben. Denen gehe es nicht um die Bürger, sondern nur um Posten. "Die
Leute haben das satt", sagte sie unter Jubel. Der brandete auch auf, als
sie forderte, Staatsanwälte sollten sich endlich die Banker, Manager und
Politiker vorknüpfen, die die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise verursacht
hätten.
Schlug Pauli große Sympathie entgegen, war es beim FW-Landesvorsitzenden Hubert
Aiwanger Begeisterung. Frei, mit kräftiger Stimme, selbstsicher und
bierzelttauglich geißelte er vor allem CSU und FDP. Mit ihrem
wirtschaftspolitischen Gedankengut seien sie für das Bankendesaster
mitverantwortlich. Die FDP sei der "politische Arm der Heuschrecken"
gewesen. Über die CSU meinte er: "Die schämen sich nicht, auch noch einen
politischen Aschermittwoch zu veranstalten. Eigentlich sollte die CSU ein Schild
aufhängen: Wegen Betriebsunfall geschlossen." Auch, um mehr politische
Mitbestimmung zu erreichen, wollten die Freien Wähler nach Brüssel. "Wir
müssen einen Bogen spannen vom Bauerndorf im Bayerischen Wald nach Brüssel,
weil dort über das Dorf mitentschieden wird", sagte er. Entschieden wandte
sich Aiwanger gegen die Privatisierung kommunaler Einrichtungen wie
Wasserversorgung oder Krankenhäuser.
Mehr Bürgerbeteiligung forderte auch Pauli, die Direktwahlen von
Ministerpräsidenten und Bundeskanzler anregte. Ihre Festlegung auf Horst
Köhler bei der Bundespräsidentenwahl wolle sie nochmals überdenken, sagte
sie.