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PNP-Artikel vom: 05.08.2008

"Die Stimmung hat sich gedreht"

Landtagswahl: Freie Wähler sehen sich durch Schwäche der CSU gestärkt

Sie wollen die Freien Wähler im Landtag und Bezirkstag vertreten: Die Kandidaten Karl Maier und Max Veicht (von links) sowie Heidrun Lachaucher und Konrad Klein (3. und 4. von rechts) mit FW-Kreisvorsitzendem Albert Schallmoser (3. von links) und Organisationsleiter Eckhard Lampe. (Foto: Eckert) 

Von Werner Eckert
Pfarrkirchen. Den Rahmen einer Pressekonferenz haben die Freien Wähler gewählt, um für sich die heiße Phase des Wahlkampfs für Landtag und Bezirkstag zu eröffnen. Erklärtes Ziel abseits aller politischen Themen: Einen Beitrag leisten, dass die Freien Wähler diesmal den Einzug in den Landtag schaffen und die absolute Mehrheit der CSU zu brechen.
Dabei schien es so als ob die FW im Landkreis sich vom Streben nach "höheren" politischen Ebenen fern halten würde. "Der Kreisverband war zunächst etwas zurückhaltend," formulierte es Vorsitzender Albert Schallmoser bei der Pressekonferenz im Stadthallenrestaurant. Tatsächlich war bei der Kreisversammlung im November 2006 die Haltung eindeutig: "Wir haben dabei nichts verloren" erklärte Werner Schießl als einer der stellv. Kreisvorsitzenden zur Frage einer Beteiligung an der Landtagswahl 2008. Den ganzen Einsatz wolle man auf die Kreistagswahl konzentrieren, bekräftigte auch Schallmoser. "Wir können es uns schlicht und ergreifend nicht leisten", erteilte damals der jetzige Landtags-Direktkandidat Max Veicht dem Kampf ums Maximilianeum eine Absage. Die Beteiligung an der vorhergehenden Landtagswahl habe den Kreisverband 20 000 Euro gekostet, von denen nur 500 Euro aus der Wahlkampfkostenerstattung zurückgeflossen wären.
Weshalb also der Sinneswechsel? Nach Darstellung der Freien Wähler ist hauptsächlich der politische Gegner, die CSU, schuld daran. Max Veicht: "Die Verärgerung über die Landespolitik ist immer größer geworden." Als sich abgezeichnet habe, dass es hinsichtlich eines Erfolges der Freien Wähler bei den Landtagswahlen ein knappes Ergebnis werden könnte, habe er sich zur Beteiligung entschlossen. Er werde seinen Beitrag leisten, vielleicht mache dies ja den Unterschied zwischen 4,9 oder 5,1 Prozent beim Ergebnis aus. Er habe außerdem gerade ein "Intensivseminar" für die Notwendigkeit der Freien Wähler in der Landespolitik hinter sich: die Fahrt auf der B 12 nach München und zurück. In 40 Jahren habe es die CSU nicht geschafft, für eine Autobahn zu sorgen. Sie habe sich immer zu sicher gefühlt und keine Notwendigkeit für eine Förderung von Rottal-Inn gesehen, weil sie ohnehin immer gewählt worden sei.
Auch zur Kostenfrage bezog Veicht Stellung. Es würden für den Landtagswahlkampf keine Mitgliedsbeiträge eingesetzt. Die Mittel stammten aus Abgaben der Fraktion. Auf Nachfrage der PNP bestätigte Veicht sein Bemühen, Spenden unter den Mitgliedern zu akquirieren. Ein entsprechendes Schreiben brachte ihm eine geharnischte Antwort des Bad Birnbacher Marktrates Josef Brunner ein: "Es ist traurig, sich als Landtagskandidat aufstellen zu lassen und dafür auf Spenden angewiesen zu sein. Schämen Sie sich! Ich als Kandidat, hätte überhaupt nicht daran gedacht, bei meinen Parteikollegen betteln zu gehen", schrieb dieser. Er habe sich im ersten Moment geärgert, gibt Veicht zu. Es sei aber die einzige negative Reaktion gewesen. Zur Abfuhr von Brunner bemerkte Veicht noch, dass dieser selbst gerne Landtagskandidat und auch Kreisrat geworden wäre. "Wir haben das verhindert", so Veicht, denn Brunner unterstütze "eine politische Strömung mit der wir nichts zu tun haben wollen." Mehr wolle er zu Brunner nicht sagen: "Er ist es mir nicht wert."

"60 Prozent befürworten das Antreten zur Wahl"

Albert Schallmoser nennt wie Veicht "Defizite der CSU in der Landespolitik" als Grund für den Meinungsumschwung. Er schätzt, dass mittlerweile rund 60 Prozent der Mitglieder das Antreten bei den Landtagswahlen befürworten. Im gleichen Maß macht Schallmoser bei der CSU wachsende Unsicherheit aus. Die Tatsache, dass sie MdL Edeltraud Plattner zur stellv. Landrätin gewählt hat, zeigt seiner Meinung nach, dass "innerhalb der CSU der Glaube schwindet, dass sie ihre Listenkandidaten bei der Wahl durchbringt." Es brauche neuen Wind, neue Ideen", unterstreicht Landtags-Listenkandidat Karl Meier. Er kritisiert ein "Hin und her" bei den Entscheidungen der CSU in der Vergangenheit, eine Richtung wäre nicht mehr zu erkennen. "Zu lange zu große Mehrheiten sind nicht gut für ein Land", fügt Max Veicht hinzu.
Die Alleinherrschaft der CSU zu beenden steht also ganz oben auf der Wunschliste der Freien Wähler. Und wofür wollen ihre Kandidaten sich in der Sache engagieren? Der Rechtsanwalt, Kreis- und Gemeinderat Max Veicht (Johanniskirchen) denkt an die Schulen und den Straßenausbau. Er will "auch kleine Schulen erhalten", denn der Stolz auf einen ausgeglichenen Haushalt dürfe nicht auf Kosten der Schüler gehen. Die Autobahn und ein Stundentakt bei der Rottalbahn sind weitere Anliegen.
Auch den Listenkandidaten Karl Meier, Landwirtschaftsmeister und Gemeinderat in Schönau, beschäftigt die Schulfrage. Bei den Ministerien könne man keine Statistiken lesen oder nicht nach vorne schauen. Sonst wären nicht Gelder für Schulbauten, die jetzt leer stehen, in den Sand gesetzt worden. Außerdem kritisiert er, dass trotz Bedarf fertige Lehrer nicht eingestellt würden, fachfremde Beamte aber dazu animiert würden, zu unterrichten. Als stellv. Kreisobmann des Bauernverbandes ist Meier vor allem in Fragen der Landwirtschaft involviert. Sein Vorwurf: Durch praxisfremde Vorgaben der EU steige die Abgaben- und Gebührenlast für die Landwirte, doch von den Politikern sei immer nur zu hören, dass dagegen schwer etwas getan werden könne. Er wolle im Landtag Dringlichkeitsanträge einbringen, damit diese Fragen behandelt werden. Meier äußerte sich auch zum Verhältnis zwischen BBV und BDM. Er sieht auf Landkreisebene eine gute Basis für die Zusammenarbeit. Man verfolge die gleichen Ziele.
Als "quasi politische Jungfrau" stellte Albert Schallmoser Heidrun Lachauer (Bad Birnbach) vor, Direktkandidatin für den Bezirkstag, da sie derzeit keine politischen Ämter bekleidet. Als Kosmetikfachlehrerin, Geschäftsfrau (Parfümerien) und Ausbilderin bringe sie aber viel Erfahrung ein. Sie selbst bescheinigte dem Bezirk, dass dort gute Arbeit geleistet werde. Deshalb stünden die Freien Wähler hinter dieser dritten kommunalen Ebene. Sie wolle ihren Beitrag leisten, dass die FW dort mit zwei oder drei Mandaten vertreten sein können. In der gleichen Weise äußerte sich auch Bezirkstag-Listenkandidat Konrad Klein (Postmünster), von Beruf Buchbinder-Meister und in diesem Bereich auch in der Industrie- und Handelskammer als Prüfer in der Ausbildung tätig. Die Jugendarbeit ist in seiner Freizeit, im Verein, für ihn eine wichtige Aufgabe. Er selbst hat es in seinem Hobby, dem Rock'n'Roll-Tanz, bis zu Weltmeisterehren gebracht. Und weil auch Heidrun Lachauer eine hervorragende Boogie-Woogie-Tänzerin ist spricht Schallmoser von "besonders beweglichen Kandidaten", deren Schwung sich hoffentlich auf die Wähler übertrage.

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